
Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und ist auch ohne Unterschrift gültig?
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Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und ist auch ohne Unterschrift gültig – rechtskräftig oder lächerlich?
Hast du schon mal so ein Schreiben bekommen? Unten steht lapidar:
„Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und ist auch ohne Unterschrift gültig.“
Und zack – soll ein Verwaltungsakt, ein Bescheid, eine Pfändung oder sonst eine amtliche Maßnahme einfach mal so rechtskräftig sein. Kein Name, keine Unterschrift, keine Verantwortung.
Klingt praktisch – für die Behörde. Aber ist das überhaupt rechtlich zulässig?
👉 Die klare Antwort: In den meisten Fällen – Nein!
🧾 Was bedeutet eigentlich „maschinell erstellt“?
Ganz einfach: Das Schreiben wurde automatisiert erstellt. Kein Sachbearbeiter hat’s unterschrieben, niemand steht mit seinem Namen dafür ein und solche Schreiben sollen gültig sein?
Was aber gerne vergessen wird: Wenn ein Schreiben rechtliche Wirkung entfalten soll, also z. B. Fristen setzen, Pfändungen auslösen oder als Urteil durchgehen will, dann gelten strenge gesetzliche Regeln.
⚖️ Gesetz sagt: Schriftform = Unterschrift
In Deutschland ist die eigenhändige Unterschrift kein optionales Gimmick – sondern gesetzlich vorgeschrieben, und zwar hier:
- § 126 BGB – Schriftform erfordert die eigenhändige Namensunterschrift.
- § 315 Abs. 1 ZPO – Urteile müssen vom Richter unterschrieben werden.
- § 275 Abs. 2 StPO – Strafurteile müssen ebenfalls unterschrieben sein.
- § 117 Abs. 1 VwGO – Verwaltungsgerichtliche Entscheidungen brauchen Unterschrift.
- § 12 RPflG – Auch Rechtspfleger unterliegen der Unterschriftspflicht.
- § 37 Abs. 3 VwVfG – Verwaltungsakte müssen die ausstellende Behörde und die Unterschrift oder Namenswiedergabe eines Verantwortlichen enthalten.
❗ Ausnahme: § 37 Abs. 5 VwVfG – und sein Missbrauch
Jetzt kommt der Paragraf, auf den sich Behörden gerne rausreden:
§ 37 Abs. 5 VwVfG:
„Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen.“
Aber aufgepasst: Dieser Absatz gilt nur dann, wenn:
- der Verwaltungsakt vollständig automatisiert erstellt wurde,
- kein Mensch manuell eingreift,
- und der Inhalt klar und eindeutig erkennbar ist.
❌ Nicht erlaubt ist diese Regelung:
- bei individuellen Entscheidungen,
- bei Ermessensspielräumen,
- bei Grundrechtseingriffen (z. B. Pfändung, Zwangsgeld, Haftandrohung),
- oder wenn das Schreiben nicht elektronisch signiert ist.
- 👉 In der Praxis wird § 37 Abs. 5 VwVfG oft missbraucht, um Rechtsstaatlichkeit vorzutäuschen und sich der persönlichen Verantwortung zu entziehen. Kein Name, keine Unterschrift – also auch niemand haftbar. Clever? Nein. Rechtswidrig? In vielen Fällen: Ja.
⚖️ Urteile: Ohne Unterschrift keine Wirkung
Gerichte sehen das ähnlich. Hier einige Urteile, die dir den Rücken stärken:
- BVerwG, Urteil vom 6.12.1988 – 9 C 40.87:
„Zur Schriftform gehört grundsätzlich die eigenhändige Unterschrift.“
- BVerwG, Beschluss vom 27.01.2003 – 1 B 92.02:
Schriftform ist nur entbehrlich, wenn die Unterschrift technisch unmöglich ist.
- Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe, Beschluss vom 5.4.2000 – GmS-OBG 1/98:
Die elektronische Form ersetzt nur dann die Unterschrift, wenn ein qualifiziertes Zertifikat die Echtheit garantiert.
KG Berlin, Beschluss vom 2.2.2016 – 3 Ws (B) 60/16:
Urteil wurde wegen fehlender brauchbarer Unterschrift aufgehoben.
🕵️♂️ Und noch was: Beamter ≠ beliebiger Mitarbeiter
Viele Bürger wissen nicht: Ein Verwaltungsakt, der unmittelbar in deine Rechte eingreift, darf nur von einem verbeamteten Amtsträger mit Amtsausweis ausgeführt werden.
Ein einfacher Dienstausweis reicht nicht aus.
Das bedeutet:
- Ein Verwaltungshelfer oder Sachbearbeiter im Angestelltenverhältnis darf keine hoheitlichen Maßnahmen selbstständig erlassen.
- Ohne Beamteneigenschaft und ohne echten Amtsausweis ist der Verwaltungsakt formnichtig.

📬 Musterbrief: So reagierst du auf Schreiben ohne Unterschrift
Wenn du so ein Schreiben bekommst – ohne Unterschrift, ohne Namen, ohne erkennbare Behörde – kannst du diesen Mustertext verwenden:
🔻 Musterbrief – Verwaltungsakt ohne Unterschrift
Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank, dass Sie Ihre Gläubiger in die interne Korrespondenz mit einbeziehen.
Nach sorgfältiger Würdigung konnte ich keine orthographischen und grammatikalischen Fehler feststellen.
Bitte senden Sie mir zur rechtlichen Prüfung den Entwurf Ihres Schreibens in Originalform mit eigenhändiger Unterschrift (Vor- und Zuname) gemäß § 126 BGB zu.
Solange mir kein unterschriebenes Original vorliegt, betrachte ich den Vorgang als nicht rechtsverbindlich.
Mit freundlichen Grüßen
[Dein Name]
💡 Dein Fahrplan bei Schreiben ohne Unterschrift
- Dokument sichern (Foto, Scan).
- Unterschrift prüfen – fehlt sie? → Widerspruch!
- Behörde identifizieren – steht kein klarer Absender drauf? → Formfehler.
- Fristsetzung nur bei gültiger Zustellung – und die gibt’s ohne Unterschrift nicht.
- Nutze Musterbriefe oder Rechtsratgeber – z. B. im fair-shop-24.de Shop.
🧠 Fazit: Ohne Unterschrift keine Rechtskraft!
Wenn dir wieder mal jemand ein maschinelles Schreiben schickt mit dem Satz:
„Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und bedarf keiner Unterschrift“,
…dann weißt du jetzt:
Rechtskraft entsteht nicht durch Copy & Paste – sondern durch Verantwortung.
Und die beginnt mit Name, Unterschrift und hoheitlicher Legitimation. Alles andere ist im besten Fall Verwaltungs-Bluff – im schlimmsten Fall: rechtswidrig.
💬 Und jetzt DU:
👉 Wie siehst du das?
Hast du auch schon mal so ein Schreiben bekommen, das keinen Namen, keine Unterschrift hatte?
🔍 Schreib deine Erfahrungen gern in die Kommentare – oder schick mir eine Nachricht.
Denn: Nur wenn wir gemeinsam genau hinschauen, schützen wir unser Recht – vor Verwaltungs-Faxen und digitalem Theater ohne Substanz.
1 Kommentar
Sehr oft, bis hin zu Gerichtsurteilen, wo nicht der Richter unterschrieben hat.